Die Rosenheim Cops 55. Freier Fall Staffel 5 Folge 1
bleib nicht stehen und schaut zu gehen
In Rosenheim weht ein frischer Wind: Dr. Maximilian hebt feierlich seinen neuen Nachfolger als Polizeidirektor ein – mit festen Worten und dem Hinweis, dass dieser nun mit starker Hand, manchmal auch mit eiserner Faust, das Regiment übernehmen müsse. Maximilian selbst gönnt sich endlich den Rückzug, um sich seinen privaten Interessen, wie dem Wandern in den Alpen, zu widmen. Sein Nachfolger, Christian Lind, kommt aus Göttingen, ein Mann mit neuen Ideen, aber auch dem Druck, sich sofort zu beweisen. Die Kollegen begegnen ihm anfangs skeptisch, nicht zuletzt weil am ersten Arbeitstag gleich ein komplizierter Fall auf ihn wartet.
Ein Bergsteiger ist bei der Kesselwand abgestürzt. Zunächst sieht alles nach einem tragischen Unfall aus – doch schon bald zeigen die Spuren ein anderes Bild. Ein Video taucht auf, das den Absturz festhält, und die Gerichtsmedizin bestätigt: Die Verletzungen deuten auf gezielte Schüsse hin, die den Absturz provoziert haben. Es handelt sich nicht um ein Unglück, sondern um einen geschickt getarnten Mord. Für den neuen Direktor eine Bewährungsprobe, für das Team ein Rätsel voller Verdächtigungen.
Die Ermittlungen führen in die Welt der Bergsteiger, wo Ehrgeiz, Ruhm und alte Rivalitäten brodeln. Opfer Harald Ernstberger war ein erfahrener Alpinist, der gemeinsam mit Schwager Toni Reisinger viele Gipfel erklommen hatte. Reisinger ist inzwischen zu einer Art Star der Szene aufgestiegen – Medienauftritte, Talkshows, Managerseminare, Vorträge. Doch die glänzende Fassade trügt: Er steckt tief in finanziellen Schwierigkeiten, seine Seminarreihe droht zu scheitern, und er brauchte dringend Geld. Genau dieses Geld sollte er von Ernstberger erhalten – doch kurz vor dessen Tod hatte dieser das Versprechen offenbar zurückgezogen. Ein mögliches Mordmotiv liegt also offen auf dem Tisch.

Hinzu kommt, dass Ernstberger in der Ehe mit Reisingers Schwester lebte, wo es schon länger kriselte. Sie soll unter Haralds Rastlosigkeit und seinem ständigen Drang nach neuen Herausforderungen gelitten haben. Der ewige Kampf der Geschlechter, so formuliert es Reisinger lakonisch. Doch hinter diesen Worten könnte sich auch tiefer Groll verbergen. Auch die Schwester wird ins Visier genommen – sie war eine Biathletin, präzise im Umgang mit dem Gewehr, und damit durchaus in der Lage, einen gezielten Schuss abzugeben.
Die Ermittler geraten in ein Dickicht aus Motiven. Während Hofer und Lind den Spuren nachgehen, verschärft sich die Lage: Reisinger selbst wird Ziel eines vermeintlichen Anschlags. Ein Schuss auf seine Reifen während einer Fahrt erweckt den Eindruck, dass auch er nun Opfer werden soll. Doch bald kommt der Verdacht auf, dass er selbst diesen Anschlag inszeniert haben könnte – um sich aus der Schusslinie der Ermittlungen zu bringen und als Opfer darzustehen. Doppelte Täuschung, doppelte Gefahr.
Parallel dazu graben die Kommissare tiefer in die Vergangenheit der Bergkameraden. Schon früher, bei einer Expedition, war ein Mann namens Albert Geschwend tödlich verunglückt. Offiziell ein Unfall, doch Gerüchte über Fahrlässigkeit oder gar Schuld machten die Runde. Neben Ernstberger und Reisinger war damals auch ein dritter Mann dabei: Berthold Gollwitzer. Dieser lebt inzwischen in Köln, doch seine Spur könnte Aufschluss geben. Die Ermittler finden heraus, dass er kurz vor Ernstbergers Tod noch Kontakt mit ihm hatte – und auch mit Reisinger. Es verdichtet sich das Bild einer alten, nie ganz verheilten Wunde, die nun wieder aufbricht.
Die Theorie: Gollwitzer könnte Ernstberger vor dessen Tod belastende Informationen über den damaligen Unfall offenbart haben. Vielleicht kam dabei heraus, dass Reisinger mehr Schuld trug, als er zugab, und sich zum Helden stilisieren ließ, während andere starben. Sollte Ernstberger dieses Geheimnis lüften wollen? Wollte Reisinger seinen Schwager zum Schweigen bringen, bevor alles ans Licht kam?
Die Spannung steigt, als die ballistischen Untersuchungen Ergebnisse liefern: Die Patronen stammen aus einem alten Jagdgewehr, hergestellt vor 1978. Damit wird der Kreis der Verdächtigen eingegrenzt – doch sowohl Reisinger als auch die Schwester könnten Zugang zu solch einer Waffe gehabt haben. Dazu kommt, dass beide über ein starkes Motiv verfügen: Geldprobleme auf der einen Seite, Ehekrise auf der anderen.
Der Druck auf den neuen Polizeidirektor Lind wächst. Seine Kollegen sind misstrauisch, ob er wirklich den richtigen Ton findet. Als er am ersten Tag gleich einen Mordfall unter Hochspannung leiten muss, stehen Skepsis und Erwartungen gegeneinander. Doch mit Beharrlichkeit, scharfem Blick und unkonventionellen Ideen beweist er, dass er sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen lässt.

Am Ende bringt die Spur zu Gollwitzer und den alten Expeditionen die Wahrheit ans Licht. Es wird klar, dass Reisinger nicht nur in finanzieller Not steckte, sondern auch ein dunkles Geheimnis seiner Vergangenheit fürchtete. Ernstberger war in Gefahr, dieses Geheimnis publik zu machen – und damit das Lebenswerk Reisingers zu zerstören. Der Mord an der Kesselwand war somit nicht nur ein Verzweiflungstat wegen Geldes, sondern auch ein Versuch, das Bild des makellosen Bergstars zu bewahren.
Doch die Gerechtigkeit holt ihn ein. Konfrontiert mit den Beweisen gesteht Reisinger schließlich seine Schuld, wenn auch mit einem Anflug von Pathos. Er spricht von Risiko, Grenzerfahrung und dem ewigen Drang, sich selbst zu übertreffen – doch diese Worte können nicht verschleiern, dass er einen Mord begangen hat, um sein Lügengebäude zu schützen. Sein Versuch, den perfekten Mord wie einen Unfall aussehen zu lassen, scheiterte am Spürsinn der Ermittler.
So endet die Episode mit einer klaren Botschaft: In Rosenheim mag sich die Polizeileitung ändern, doch Verbrechen und Wahrheit bleiben, und kein noch so steiler Gipfel kann verhindern, dass Schuld eines Tages ans Licht kommt. Christian Lind hat seine Feuertaufe bestanden – und die Zuschauer wissen: Hier beginnt ein neues Kapitel voller Intrigen, Mordrätsel und unerwarteter Wendungen.