Beste Freundinnen… mit einem Plus! | Berlin – Tag & Nacht
was war das ich habe ich
Die Nacht endet nicht so, wie sie begonnen hat — sie explodiert in einem Wirbel aus Missverständnissen, Eifersucht, Sehnsüchten und halben Geständnissen. Unsere Erzählerin wacht mit einem dumpfen Gefühl im Magen auf: schlecht geschlafen, Albträume von Menschen, die sie nicht versteht, Träume, in denen Tom sie bei einem Dreier ausgeschlossen hat, ausgelacht wurde. Schon in den ersten Sätzen zeigt sich, wie nah Spaß und Schmerz beieinanderliegen. Der Abend davor, die Party, die Nähe, die Zurückweisung — alles prallt jetzt wie Splitter auf sie ein.
Schnell wird klar: Es geht nicht nur um einen schlechten Schlaf. Es geht um Zurückweisung, das Gefühl, übersehen zu werden, und um die scharfen Kanten einer weiblichen Freundschaftsgruppe, die versuchen muss, zusammenzuhalten, obwohl die Männer in ihrem Umfeld das Gleichgewicht durcheinanderbringen. Torben wird zur Projektionsfläche: Er, der mit Gitarre und Charme agiert, berührt die Erzählerin genau dort, wo sie es will — ohne dass sie es sagen muss. Das irritiert und elektrisiert sie zugleich. Seine Berührungen bleiben in ihrem Kopf wie ein Funke, der unverhofft entfacht wird. Gleichzeitig zeigt sich Unsicherheit: Soll sie die Initiative ergreifen? Oder sich weiter wie eine Prinzessin zurücklehnen und darauf warten, dass er sie anschreibt?
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Die Szene schneidet immer wieder zwischen Chatverläufen und realen Begegnungen. Nachrichten fliegen hin und her: „Wie war deine Nacht?“, „Ich habe mich wie das fünfte Rad gefühlt“, „Es tut mir leid, ich habe es nicht mitbekommen.“ Die Erzählerin fühlt sich überflüssig und zunächst nicht gesehen — eine alte, brennende Wunde, wieder entzündet. Amelie, ihre beste Freundin, versucht mit dem besten Gewissen der Welt Trost zu spenden, erklärt, sie habe es nicht bemerkt, sie werde beim nächsten Mal dazwischengehen, sie sei witzig, klug, sexy — eine kleine Litanei der Bestärkung, aber auch ein Eingeständnis: Wir tun unser Bestes, wir sehen dich, auch wenn wir manchmal zu betrunken sind, um es zu zeigen.
Doch die Verletzung sitzt tief: Jonas, von dem sie mehr erwartete, entpuppt sich als Feigling; mal liebt er sie, mal nicht, und wenn es darauf ankommt, fehlt ihm der Mut, klare Worte zu sprechen. Das Muster ist bekannt und schmerzhaft: Höhen und Abstürze innerhalb einer Beziehung, die körperliche Nähe und emotionale Entfernung miteinander verknüpft. Die Erzählerin fühlt sich isoliert, als würde niemand ihr inneres Aufbegehren hören. Die Freundinnen — Amelie, Katy, vielleicht noch andere — versuchen zu kitten, zu beruhigen, anzufeuern: „Du bist meine beste Freundin, ich liebe dich so wie du bist.“ Und doch bleibt die Leere, das „niemand sieht mich“, das schlimmer wiegt als jede halbherzige Entschuldigung.
Das Kapitel entwirft eindrücklich die Dynamik von weiblichem Zusammenhalt: Es sind nicht nur nette Worte, die gesendet werden, sondern kleine Rituale — Kaffee kochen, Chips mitbringen, zu zweit noch bleiben, ein Bett teilen „nur für eine Nacht“. Das Vertraute gibt Halt, Ritual gegen Chaos. Freundschaft wird als Gegenmittel zu Unsicherheit präsentiert: „Du bist meine beste Freundin… ich bin wirklich froh, dass du da bist.“ Diese Sätze wirken wie Pflaster, doch sie heilen nicht sofort. Was sie bewirken, ist etwas anderes: Sie schaffen einen sicheren Raum, in dem die Erzählerin wieder atmen kann.
Die Handlung schlägt mehrmals aus: Von zärtlicher Erotik (die berauschende Berührung Torbens) zu ungeschützter Verletzbarkeit (das Gefühl, die fünfte im Wagen zu sein), zu aggressiver Abwehr („Flöten, unsere Zeit nicht verschwenden“) und dann wieder zurück zu tröstender Solidarität. Es ist ein stetes Auf und Ab — wie in einer guten Popballade, nur dass hier keiner singt, weil zu viel auf dem Spiel steht. Die Freundinnen beraten, drohen, scherzen, sie überrumpeln auch: „Komm mit uns trinken, du brauchst Ablenkung.“ Das Versprechen ist klar: Wir lassen dich nicht allein. Aber die Frage bleibt offen, ob Ablenkung wirklich heilt.
Parallel wird eine zweite Ebene aufgespannt: Gerüchte, Blicke, Missverständnisse mit anderen Männern wie Bruno oder Danny, ein angedeuteter Konflikt, in dem jemand im Raum möglicherweise schlecht behandelt wurde. Die Erzählerin versucht, Prioritäten zu setzen: Was ist wirklich wichtig? Jonas? Torben? Eine flüchtige Nacht oder das Gefühl echten Verstandenwerdens? Die Szene spielt geschickt mit der Frage, wie kurzfristige Befriedigung langfristige Unsicherheit nähren kann. Torbens Intensität wird zur Verlockung, Jonas’ Unentschlossenheit zur Verletzung, und in der Mitte steht die Entscheidung: Sich in einer unbefriedigenden Beziehung aufreiben — oder den Mut haben, die eigenen Bedürfnisse zu verteidigen.
Doch die Erzählung ist nicht nur Drama — sie ist auch versöhnlich. Amelie zeigt sich als Vertraute, die kleine Schwächen zugibt („Ich habe es nicht gesehen, es tut mir leid“) und trotzdem standhält: „Ich stehe wieder vor deiner Tür, versprochen.“ Das ist das eigentliche Versprechen der Geschichte: Freundschaft ist kein fair-weather-Spiel; sie bleibt, auch wenn Männer nerven oder die Stimmung kippt. Die Erzählerin beginnt zu begreifen, dass nicht jeder Mann ihr inneres Gleichgewicht bestimmen darf. Der Abend wird zum Wendepunkt: Nicht, weil ein Mann ihr Herz für immer gebrochen hätte, sondern weil sie beginnt, die Verbindung zu ihren Freundinnen als Grundlinie ihres Lebens zu sehen.
Die erotische Spannung — das Knistern zwischen den Freundinnen, das Nicht-Endgültige einer Nacht — wird offen und ohne Scham behandelt. Es gibt das Angebot, Dinge auszuprobieren („wenn wir Bock haben, laden wir uns jemanden dazu ein“), aber zugleich die klare Grenze: Freundschaft zuerst. Die Erzählerin und Amelie verhandeln neue Formen von Nähe, jenseits von Eifersucht und traditionellen Erwartungen. Sexualität wird als Ausdruck von Spiel, Experiment und Konsens gezeigt, nicht als Währung zur Bestätigung des Selbstwerts. Das ist ein Fortschritt: Der Fokus verschiebt sich von der Validation durch Männer hin zur Validierung durch Freundschaften.
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Am Ende bleibt das Gefühl von Unmittelbarkeit: Die letzte Sequenz — ein kurzer Explosion von Ekstase („wow was war das ich hab ich war euphorisch“) — deutet an, dass etwas Bedeutungsvolles passiert ist, ohne gleich alles zu definieren. Die Erzählerin steht an einem Scheideweg: weiter als Opfer der Umstände gelten, oder die Kontrolle über ihr Leben übernehmen. Ihre Freundinnen sind dabei: Sie bieten Trost, gelegentliche Klarheit, manchmal Tadel, immer aber Zuspruch. Und auch wenn die Romantik mit Torben oder die Verwirrung mit Jonas noch nicht aufgelöst sind, so ist doch die wichtigste Erkenntnis gereift: Du bist nicht allein.
Der Spoiler endet offen, aber nicht hoffnungslos. Er lässt Raum für Wandel: Für Selbstermächtigung, für das undurchsichtige Terrain weiblicher Lust und für die heilende Kraft echter Freundschaft. Die große Frage — „Soll ich die Initiative ergreifen oder weiterhin warten?“ — bleibt, doch sie klingt jetzt weniger verzweifelt, mehr wie eine Einladung zur Wahl. Und das ist vielleicht die wichtigste Wendung: Die Erzählerin ist nicht länger nur Reagierende; sie beginnt, selbst zu handeln. Die Freundinnen stehen bereit, der Morgen bricht an — und mit ihm die Möglichkeit, Dinge anders zu machen.