ZDF Die Rosenheim-Cops: Wettlauf mit dem Tod (Staffel 2 Folge 10)
Banküberfall, Geiselnahme und verlorene Illusionen – der Fall Hermann Wildgruber
Ein Mann mit Vergangenheit
Hermann Wildgruber ist in Rosenheim kein unbeschriebenes Blatt. Immer wieder geriet er in Schlägereien, stand wegen Jähzorn vor Gericht und hat mehrere Vorstrafen. Doch ein Banküberfall? Das traut ihm zunächst kaum jemand zu. Denn so impulsiv er manchmal reagiert – Bereicherung auf Kosten anderer war bislang nicht sein Stil. Trotzdem: Die Sparkasse Rosenheim wurde überfallen, und alle Spuren deuten auf Wildgruber.
Der Überfall
Nach Aussagen des Filialleiters stürmte ein maskierter Mann bewaffnet in die Bank und verlangte eine präzise Summe: 49.000 Euro. Die ungewöhnliche Höhe wirft sofort Fragen auf. Warum genau dieser Betrag? Handelte es sich um einen alten Groll, eine verschlüsselte Botschaft oder eine gezielte Forderung?
Der Täter erbeutete das Geld, flüchtete – und geriet bereits eine halbe Stunde später in eine Polizeisperre. Wildgruber wurde verhaftet, bei ihm fand man nur einen Bruchteil der Beute. Der Rest blieb verschwunden.
Die Geiselnahme im Kommissariat
Doch der Fall wird noch dramatischer: Während seiner ersten Vernehmung gelingt es Wildgruber, plötzlich an eine Pistole zu kommen – offenbar Hofer’s Dienstwaffe, die achtlos auf dem Schreibtisch lag. Innerhalb von Sekunden kippt die Lage: Wildgruber nimmt Hofer und Frau Stockl als Geiseln.
Die Polizei ist schockiert, das Kommissariat steht Kopf. Wildgruber stellt Forderungen, verlangt Geld, Fluchtmöglichkeiten, sogar einen gravierten Ring vom Juwelier. Er setzt ein Ultimatum: Bis 11 Uhr soll alles bereitstehen, sonst will er durchgreifen.
Suche nach der Beute
Parallel laufen fieberhafte Ermittlungen: Wo ist die verschwundene Beute von fast 50.000 Euro? Innerhalb einer halben Stunde nach dem Überfall konnte Wildgruber das Geld nicht weit bringen. Deshalb steht der Verdacht im Raum, dass er einen Komplizen hat.
Bald tauchen Hinweise auf, dass Wildgruber Stammgast im „Rosenbräu“ war und dort häufig mit einem Mann zusammensaß – ein gewisser Udo oder Uwe, genau lässt es sich nicht rekonstruieren. Außerdem taucht das Foto einer Frau auf, das Wildgruber bei sich trug. Könnte sie die Komplizin sein?
Die Rolle der Frauen
Immer mehr deutet darauf hin, dass eine Frau im Hintergrund eine Rolle spielt. Eine, der Wildgruber vertraute, vielleicht sogar liebte. Tatsächlich meldet sich bald eine Bekannte: Sie gibt zu, dass Wildgruber ihr plötzlich Geld überlassen hat – angeblich für eine gemeinsame Zukunft. Sie selbst sei überrascht gewesen, wollte ihn aber nicht sofort verraten. Für sie sei er trotz allem „ein guter Mensch“, jemand, der einsam war und kaum Freunde hatte.
Die Ermittler zweifeln: War sie eingeweiht oder nur eine naive Mitläuferin? Sie beteuert, dass sie nicht nach Kanada auswandern wollte, wie Wildgruber es ihr vorschwärmte. Für sie war es nur ein kurzer Ausrutscher, vielleicht Mitleid – für ihn hingegen die Hoffnung auf Liebe.
Eskalation im Kommissariat
Währenddessen spitzt sich die Lage mit den Geiseln zu. Wildgruber wirkt zerrissen: mal bedrohlich und aggressiv, mal verzweifelt und verletzlich. Er spricht über sein Leben, über verlorene Chancen, über 20 Jahre harter Arbeit, die nichts einbrachten. Er schimpft über Banken und Anlageberater, die ihn betrogen haben. In seinen Augen ist der Überfall fast so etwas wie eine „späte Gerechtigkeit“.
Doch die Zeit läuft. Wildgruber verlangt ein Fluchtauto, will ins Ausland – angeblich nach Kanada. Gleichzeitig verschlechtert sich die Lage im Büro: Eine der Geiseln ist Diabetiker und braucht dringend Insulin. Wildgruber erkennt, dass die Situation ihm entgleitet.
Die Mutter als Hoffnung
Die Polizei versucht, Wildgruber durch seine Mutter zum Aufgeben zu bewegen. Sie haben ein enges Verhältnis, vielleicht kann sie zu ihm durchdringen. Doch der Plan scheitert – Wildgruber bleibt unberechenbar, sein Misstrauen wächst.
Die komplizierte Psyche
Die Ermittler zeichnen bald ein klares Bild: Wildgruber ist kein eiskalter Gangster, sondern ein Getriebener. Jähzornig, ja – aber auch verletzlich, enttäuscht, voller Frust über ein Leben, das ihm ungerecht erschien. In seiner Verzweiflung verstrickt er sich in Widersprüche: Einerseits will er Liebe und Anerkennung, andererseits greift er zu Gewalt und Bedrohung.
Das Ultimatum
Kurz vor Ablauf der Frist verschärft Wildgruber seine Drohungen: Wenn seine Forderungen nicht erfüllt werden, wird er eine Geisel erschießen. Das Kommissariat steht unter Hochspannung. Die Einsatzkräfte bereiten sich auf einen Zugriff vor, während Verhandler weiter auf ihn einreden.
Die Situation wird lebensgefährlich. Wildgruber schießt in die Luft, um seine Entschlossenheit zu demonstrieren. Doch gleichzeitig zeigt er immer wieder Schwäche, spricht über Schuld, über seine Gefühle für die Frau, die er glaubte an seiner Seite zu haben.

Das Ende einer Illusion
Am Ende bricht alles zusammen: Die Polizei greift ein, Wildgruber wird überwältigt. Die Geiseln kommen frei – verletzt, aber am Leben. Die verschwundene Beute taucht schließlich bei der Frau auf, der er vertraute. Sie wollte es nicht, doch er hatte es ihr einfach übergeben, in dem Glauben, sie würde mit ihm fliehen.
Für sie war es nie mehr als ein kurzer Trost, für ihn hingegen die große Liebe und die letzte Hoffnung. Diese Illusion zerstörte ihn endgültig.
Nachspiel
Wildgruber wird abgeführt, gebrochen, erschöpft. Seine Geschichte endet nicht als spektakulärer Bankräuber, sondern als tragische Figur – ein Mann, der aus Enttäuschung und Einsamkeit in ein Verbrechen schlitterte, das er weder planen noch kontrollieren konnte.
Die Ermittler, allen voran Hofer, sind erleichtert, dass alles glimpflich ausging. Doch die Lehre bleibt: Manchmal sind es nicht die professionellen Verbrecher, die die gefährlichsten Situationen heraufbeschwören, sondern Menschen, die am Rande stehen – verletzt, verzweifelt, voller Illusionen.
Fazit:
Der Fall Hermann Wildgruber ist weniger ein klassischer Kriminalfall als eine Tragödie. Zwischen Banküberfall, Geiselnahme und verschwundener Beute offenbart sich die Geschichte eines Mannes, der mehr Opfer seiner eigenen Sehnsüchte ist als ein eiskalter Täter. Doch am Ende zählen die Fakten: ein bewaffneter Überfall, bedrohte Geiseln – und ein gebrochenes Leben.