Angst vor einer HIV-Positiven? | Berlin – Tag & Nacht #3512
Sag mal, aber du ziehst jetzt hier nicht das Bett ab, weil ich da gesessen habe oder gerade dein Ernst?
Die Szene beginnt mit einer scheinbar banalen Alltagssituation, die jedoch sofort unterschwellig von Unsicherheit und Misstrauen geprägt ist. Ein Bettenwechsel wird missverstanden: Die Frage steht im Raum, ob die Bettwäsche wegen des Sitzens der HIV-positiven Hauptfigur abgezogen wird. Zwar wird die Situation schnell heruntergespielt („ich hab was verschüttet, war eh dreckig“), doch die verletzte Sensibilität der Hauptfigur zeigt sich bereits. Hinter jedem kleinen Detail vermutet sie Ablehnung oder Distanz – eine Folge der frischen HIV-Diagnose.
Es folgt ein ruhiger Morgen, gemeinsames Frühstück, Kaffee, Spiegeleier. Für einen Moment entsteht Normalität: Nähe, Fürsorge und der Versuch, eine Routine beizubehalten. Doch selbst hier schwingt die HIV-Thematik mit. Der Partner versichert, dass ein Weiterarbeiten im Job möglich ist und keine Gefahr für andere besteht. Für die Hauptfigur ist das eine enorme Erleichterung – eine Rückkehr in Stabilität. Der Plan wird gefasst, zum Arzt zu gehen, Medikamente zu nehmen und Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen.
Doch der Realitätstest folgt schneller als gedacht. In der Arztpraxis erlebt die Hauptfigur erstmals offen Ablehnung: Ein hustender Patient weigert sich, ein gereichtes Glas Wasser anzunehmen, nachdem er von der HIV-Infektion erfahren hat. Er sagt direkt, er wolle nichts von jemandem, der „so etwas“ habe. Für die Hauptfigur ist dies ein brutaler Schlag. Das Stigma trifft sie mit voller Wucht. Sie bricht ab, will die Praxis verlassen, überfordert und zutiefst verletzt.
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Der Partner reagiert wütend, würde den Mann am liebsten körperlich konfrontieren. Doch die Hauptfigur bremst: Gewalt wäre der falsche Weg. Stattdessen bricht sie in Verzweiflung zusammen. Sie weiß: Das war nicht das letzte Mal, dass sie mit Vorurteilen konfrontiert wird. Arroganz, Unwissenheit und Angst vor Ansteckung sind allgegenwärtig. Der Partner versucht zu trösten, verweist auf die positiven Erfahrungen vom Morgen – die Mitbewohner hatten mit Verständnis und Wärme reagiert. Doch der Schmerz bleibt.
Wieder zu Hause, versucht das Paar, einen Plan zu machen: vielleicht Fahrrad fahren, ablenken, eine Badewanne, ein Film. Doch die tiefe Kränkung lässt sich nicht einfach wegschieben. Die Hauptfigur fühlt sich behandelt, als hätte sie „die Pest“. Dieses Gefühl nagt und verstärkt die Zweifel: Kann ich wirklich noch wie früher leben? Oder wird jeder Blick, jede Berührung hinterfragt?
Die Mitbewohner, die zuvor noch positiv reagiert hatten, werden plötzlich auch kritisch betrachtet. Als eine Figur ihr Bett abzieht, wird sofort vermutet, dies sei aus Angst vor Ansteckung geschehen. Der Verstand sagt: vielleicht Zufall, vielleicht einfach überfällig. Doch das Herz empfindet es als erneute Ablehnung. Auch Kleinigkeiten wie ein ausgeschlagenes Pizza-Angebot oder eine fehlende Umarmung werden misstrauisch gedeutet. Der Partner mahnt: Vorsicht, du bist jetzt vielleicht hypersensibel, deine Wahrnehmung ist durch den Vorfall in der Praxis geschärft. Vielleicht interpretierst du zu viel hinein. Doch die Zweifel lassen sich kaum zerstreuen.
Die Szene verdeutlicht den inneren Konflikt: Einerseits gibt es echte, offene Diskriminierung – wie beim Patienten. Andererseits wächst durch diese Erfahrung die Angst, selbst neutrale Handlungen als Zurückweisung zu sehen. Es entsteht ein Teufelskreis zwischen Misstrauen, Empfindlichkeit und echter Stigmatisierung.
Das Paar versucht, die Stimmung aufzulockern: Filme, Witze, gemeinsames Kochen. Doch selbst in den schönsten Momenten kehrt der Schmerz zurück. „Ich habe HIV“ ist ein unausgesprochener Schatten, der jedes Gespräch überlagert. Während die Partnerfigur betont, dass HIV heute behandelbar ist und ein normales Leben möglich bleibt, fürchtet die Hauptfigur den Verlust von Normalität. Sie war „so glücklich wie nie“ – und nun bedroht die Diagnose dieses Glück.
Später, im Gespräch mit einem weiteren Freund, kommt noch ein anderes Element hinzu: Schuldgefühle. Der Test wurde ursprünglich nur gemacht, weil es in der Beziehung ein Risiko gab. Nun trägt die Hauptfigur das Virus – und die Frage nach dem „woher“ bleibt unbeantwortet. Wut, Verzweiflung und Selbstvorwürfe vermischen sich. Niemand weiß genau, wann und wie die Infektion geschah. Diese Ungewissheit verstärkt das Gefühl von Kontrollverlust.

Der Tag endet in einer Mischung aus Hoffnung und Schmerz. Einerseits gibt es Halt: der Partner steht fest zur Seite, die WG hat zunächst positiv reagiert. Andererseits ist die Erfahrung in der Arztpraxis ein klares Zeichen, dass die Außenwelt nicht überall so verständnisvoll sein wird. Es gibt Ablehnung, Vorurteile, Unwissen – und genau diese Dinge verletzen am meisten.
Die Schlussmomente zeigen, wie sich die Hauptfigur zwischen zwei Extremen bewegt: Dankbarkeit für die Unterstützung der Nahestehenden und Misstrauen gegenüber allen anderen. Die Verletzung ist so frisch, dass selbst kleine Gesten in Frage gestellt werden. Gleichzeitig wächst der Wille, weiterzugehen: Arzttermine, Medikamente, ein geregelter Alltag. Doch der Weg wird von Rückschlägen begleitet sein.
Damit macht die Episode deutlich: HIV ist nicht nur eine medizinische Diagnose, sondern ein soziales Stigma. Es betrifft nicht nur den Körper, sondern das gesamte Leben – Beziehungen, Freundschaften, Arbeit und das eigene Selbstbild. Das Ende bleibt offen: Wird die Hauptfigur lernen, mit den Vorurteilen umzugehen? Oder wird das Misstrauen die Beziehungen belasten? Die Reise hat gerade erst begonnen.