Bonus Szene: Vanessa Richter taucht wieder auf | GZSZ

Ganz schön dreckig. Berlin

Berlin – ein Moloch, eine ewige Baustelle, chaotisch und unruhig, so wie die Familienverhältnisse des Erzählers selbst. Der Kontrast könnte nicht größer sein: Während München in seiner geordneten, fast schon sauberen Schönheit glänzt, wirkt die Hauptstadt rau, unvorhersehbar und voller Brüche. Genau in dieses Spannungsfeld tritt die Hauptfigur ein und zieht sofort eine Parallele: Berlin ist wie meine Familie – überall Risse, unfertige Konstruktionen, lauter halbe Sachen und niemals ein fertiges Ganzes.

Die Familie selbst ist ein Spiegelbild dieses Chaos. Der Vater, eine schillernde Figur zwischen Macht, Medien und persönlichen Abgründen, hat drei Kinder, zwei Exfrauen und ein Leben, das ständig Schlagzeilen produziert. Von außen betrachtet scheint er erfolgreich, ein Mann, der im Rampenlicht steht. Doch hinter den Kulissen herrschen Streit, Eitelkeiten und zerbrochene Beziehungen. Drei Kinder – und doch nichts, was zusammenhält. Zwei Exfrauen – und dennoch kein echter Frieden. Alles wirkt wie eine ständige Baustelle: man versucht zu reparieren, aufzubauen, zu kitten, doch am Ende bleibt nur Staub und Schutt.

GZSZ“: Vanessa Richter kommt nach Berlin – kann sie ihren Vater aus dem  Koma holen?

Der Erzähler selbst tritt mit gemischten Gefühlen in dieses Bild. Einerseits spürt er die Last des familiären Erbes, die ständige Öffentlichkeit, den Presserummel, das Chaos. Andererseits bringt er die Hoffnung mit, dass er nun endlich selbst ein Teil dieses Gefüges wird und vielleicht Ordnung hineinbringen kann. „Na ja, jetzt bin ich ja da“, sagt er, halb trotzig, halb optimistisch – als wolle er damit ankündigen, dass es von nun an eine neue Richtung geben könnte.

Doch genau hier liegt das Drama: Kann man eine Familie, die jahrelang in Skandalen, Intrigen und halbfertigen Versöhnungen verharrt hat, überhaupt wieder zusammenführen? Oder bleibt Berlin das Symbol des ewigen Unfertigen, ein Ort, an dem man zwar baut, aber nie ankommt?

Die Figur beschreibt ihre Herkunft mit einer Mischung aus Bitterkeit und Resignation. Da sind die Kinder, die alle unterschiedlich mit der Situation umgehen. Manche ziehen sich zurück, andere suchen die Nähe zum Vater, wieder andere rebellieren offen gegen das, was er ihnen angetan hat. Die zwei Exfrauen wiederum – jede trägt ihre eigene Verletzung, ihre eigene Geschichte der Zurückweisung. Was nach außen als Glamour und Prominenz wirkt, entpuppt sich im Inneren als ein Geflecht aus ungelösten Konflikten und nie verheilten Wunden.

Der Vater selbst steht sinnbildlich für Berlin: laut, chaotisch, ständig im Zentrum der Aufmerksamkeit. Er liebt den Rummel, die Presseberichte, die Schlagzeilen. Doch während die Welt ihn bewundert oder kritisiert, spüren seine Kinder nur den Mangel an echtem Zusammenhalt. Für sie ist er weniger eine Vaterfigur als vielmehr ein Symbol für Egoismus und Selbstinszenierung. Sie stehen im Schatten seiner Entscheidungen – und müssen mit den Trümmern leben, die er hinterlässt.

Der Erzähler fühlt sich dabei hin- und hergerissen. Einerseits gibt es eine tiefe Sehnsucht nach Zugehörigkeit: ein Wunsch, dass die Familie eines Tages so etwas wie Normalität und Nähe erfährt. Andererseits erkennt er die Absurdität der Lage: Wie soll man etwas retten, das von Grund auf instabil gebaut wurde? Wie soll man Mauern errichten, wenn das Fundament aus Lügen, Enttäuschungen und medialem Druck besteht?

Diese Gedanken führen unweigerlich zurück zu Berlin. Die Stadt ist überall eine Baustelle: Kräne ragen in den Himmel, Straßen sind aufgerissen, Gebäude eingerüstet. Es gibt Fortschritt, ja, aber gleichzeitig Stillstand. Man lebt im Provisorium. Genau so lebt auch diese Familie: Sie funktioniert von außen, aber innen ist sie unvollständig, ständig im Versuch, sich neu zu ordnen – und doch nie wirklich heil.

Das Video, das am Ende erwähnt wird, verstärkt diese Spiegelung. Es gibt Backstage-Material, Zusatzclips, Abos – ein Hinweis auf die permanente Selbstinszenierung, die mediale Ausschlachtung, das Leben als Schauplatz. Für Außenstehende ist das faszinierend, ein Blick hinter die Kulissen einer vermeintlich glamourösen Familie. Für die Betroffenen jedoch ist es schmerzhaft: ihr privates Drama wird zum öffentlichen Spektakel, ihre tiefsten Konflikte zum Unterhaltungsstoff.

In dieser Konstellation kündigt sich ein entscheidender Wendepunkt an: Der Erzähler tritt auf die Bühne mit dem Anspruch, etwas zu verändern. Seine Worte „jetzt bin ich ja da“ klingen wie eine Kampfansage, aber auch wie ein verzweifelter Versuch, Kontrolle über ein völlig entgleistes Konstrukt zu gewinnen. Vielleicht will er vermitteln, vielleicht Brücken schlagen, vielleicht sich selbst einen Platz sichern in einer Familie, die ihn bisher nur am Rande wahrgenommen hat.

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Doch der Preis dafür ist hoch. Wer sich in diese familiären Konflikte einmischt, riskiert, selbst verschlungen zu werden. Die Kinder sind zerstritten, die Exfrauen misstrauisch, der Vater unberechenbar. Jeder Schritt nach vorn könnte zugleich ein Rückschritt sein. Die Parallele zur Stadt Berlin bleibt bestehen: Auch hier weiß man nie, ob eine neue Baustelle etwas Besseres bringt oder nur zusätzlichen Lärm und Schutt.

Das Publikum, das diese Geschichte verfolgt, wird Zeuge eines Dramas, das zwischen öffentlichem Rummel und privaten Abgründen schwankt. Auf der einen Seite das Versprechen von Normalität, auf der anderen Seite der Abgrund aus Skandalen. Jeder Blick nach München – die Stadt der Ordnung, der Struktur – wirkt wie eine ferne Sehnsucht, ein unerreichbares Ideal. Berlin hingegen ist das Hier und Jetzt: laut, schmutzig, zerrissen, aber auch voller Leben.

Und so bleibt am Ende die Frage offen: Kann man in diesem Chaos Heimat finden? Kann man aus einer ewigen Baustelle jemals ein Zuhause machen? Oder bleibt alles ein Provisorium, ein Leben im Dazwischen, bei dem die Fassade glänzt, während im Inneren nichts wirklich trägt?

Der Erzähler jedenfalls ist entschlossen, seinen Platz zu suchen – trotz aller Widrigkeiten. Er will sich nicht von der Vergangenheit lähmen lassen, sondern die Chance nutzen, seine eigene Geschichte zu schreiben. Doch ob ihm das gelingt, hängt nicht nur von ihm ab. Es hängt davon ab, ob die Familie bereit ist, ihre ewige Baustelle endlich zu verlassen – oder ob sie weiter im Schutt ihrer Konflikte gefangen bleibt.